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Equines Fibromyalgie Syndrom (EFMS)

Beim Menschen weiß man schon seit geraumer Zeit um die Existenz des Fibromyalgie Syndroms.  Doch die Tatsache, dass auch Pferde von dieser Erkrankung betroffen sein können, ist leider nicht besonders bekannt.

 

Die Symptome, die das Equine Fibromyalgie Syndrom (kurz EFMS) kennzeichnen sind vielfältig und erstrecken sich von chronischen Atemwegsproblemen, über Nervenentzündungen, Beeinträchtigung der Mikrozirkulation, bis hin zu Magendarmproblemen.

 

Dieser Artikel soll auf mögliche Symptome der Erkrankung, ihre Ursache und Therapiemöglichkeiten aufmerksam machen.

 

Wie bei allen Syndromen sind auch bei EFMS die auslösenden Faktoren so vielfältig wie die Symptome der Erkrankung. Bei der Entstehung von EFMS können sowohl autoimmune Erkrankungen (Krankheiten, bei denen Antikörper gegen körpereigene Zellen oder Substanzen gerichtet sind), als auch Stoffwechselproblematiken oder eine Kombination aus beiden eine Rolle spielen. Auf die stoffwechselbedingten Themen wird in einem nachfolgenden Absatz näher eingegangen. Zu den autoimmunen Erkrankungen gehören z. B. vom Immunsystem ausgehende Gelenks- oder Nervenentzündungen, die zu unspezifischen, wechselnden Lahmheiten, Steifigkeit der Muskulatur und/oder Zittern führen können. Bei entzündeten oder überreizten/ überempfindlichen Gesichtsnerven sind den betroffenen  Pferden Berührungen im Gesicht äußerst unangenehm, außerdem können sie empfindlich auf Geräusche und Licht reagieren. In dieser Form äußert sich auch das Krankheitsbild des Headshakings, eine mögliche Verknüpfung scheint also gegeben. Weiterhin kann der Gleichgewichtsinn sowie die Koordinations- und Sehfähigkeit gestört sein, was zur Folge hat, dass die Pferde Probleme haben sich in unebenem Gelände fortzubewegen, vermehrt Stolpern, Entfernungen nicht mehr korrekt abschätzen können und es gehäuft zum Anrempeln oder Überrennen von Gegenständen kommt.

 

Eine Störung der Mikrozirkulation (Blutversorgung des Gewebes mittels kleinster Gefäße) wird beim EFMS ebenfalls beobachtet, dies kann zu unterschiedlichsten Problemen führen. Zum einen wird die Muskulatur nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, zum anderen werden Abfallprodukte nicht abtransportiert, ein Zustand der auf Dauer nicht nur sehr schmerzhaft ist sondern auch zur Schwächung und schließlich zum Abbau der Muskulatur führt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass eine funktionierende Mikrozirkulation, essenziell für die Bildung und den Erhalt eines gesunden und funktionstüchtigen Hufes ist. Wird der Huf nicht ausreichend versorgt, kann dies für Krankheiten wie Hufrehe  und White Line Disease den Weg bereiten. Bei EFMS-Pferden sind häufig auch starke Fühligkeit, Einblutungen in der Hornkapsel (rote Stellen in der Hufwand), immer wiederkehrende Hufgeschwüre und -abszesse zu beobachten. So berichten Menschen, die von Fibromyalgie betroffen sind, in vergleichbarer Weise von Schmerzen in den Händen, Fingern, Fingerkuppen, Fußsohlen und Zehen.

 

Auch Allergien, Hautprobleme (Ekzem, Mauke, Pilzerkrankung, Parasitenbefall), chronische Atemwegsprobleme, Magen-Darmerkrankungen (Koliken, Reizdarm, Kotwasser), Kopfschmerzen können dem EFMS zugeordnet werden. Vermutlich ist hierfür ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren verantwortlich – Immunsystem, mangelnde Mikrozirkulation, Kontraktion der Bewegungs- und Haltemuskulatur,  Veränderungen der glatten Muskulatur.

 

Durch permanente Schmerzen kommt es auch zu psychischen Verstimmungen. Ein Teil der betroffenen Pferde kapselt sich ab und wirkt „introvertiert“, andere neigen zu starken Abwehrreaktionen und Aggressivität. Viele Pferde leiden genau wie betroffene Menschen unter Müdigkeit und Depressionen.

 

Wie so oft kann es sich auch bei EFMS um eine Stoffwechselerkrankung handeln. In diesem Fall leiden die betroffenen Patienten an einer chronischen Azidose, einer andauernden Übersäuerung des Körpers. Verantwortlich hierfür ist eine falsche Fütterung. Zu wenig Raufutter (womöglich auch noch von minderwertiger Qualität), zu lange Fresspausen und ein Übermaß an zuckerhaltigem/ kohlenhydratreichem Futter in Kombination mit mangelnder Bewegung. Dies sind ausschlaggebende Faktoren, die zu einer Übersäuerung des Körpers führen. Auch der Mangel an Mineralstoffen und Elektrolyten und eine schlechte Wasserqualität können an einer Übersäuerung beteiligt sein.

Hinzu kommt, dass auch psychischer Stress sauer macht. Des Equine Fibromyalgie Syndrom ist nur eine von vielen Erkrankungen die aus einem sauren Körper resultieren. Viele Krankheiten haben ihren Ursprung in saurem Milieu.

 

Die Diagnose des EFMS ist sehr schwierig, da es bislang weder in der Humanmedizin und schon gar nicht in der Veterinärmedizin greifbare Untersuchungsparameter gibt, durch die eine Erkrankung festgestellt werden kann. Es können bei dieser Erkrankung, zwei bis zwanzig der oben genannten Symptome auftreten. Anhand eines Punktekatalogs, in dem sogenannte „Tenderpoints“ gelistet sind, die je nach Stadium (es gibt drei Stadien) auf Druck reagieren, kann beim Menschen eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung an Fibromyalgie getroffen werden. Wobei man im Pferdebereich sagen muss, dass viele Patienten schon auf leichte Berührung mit enormer Abwehr reagieren.

 

Außerdem bleibt zu sagen, dass EFMS als Ausschlussdiagnose gilt. Erst wenn Untersuchungen auf verschiedene Krankheiten die mit ähnlicher Symptomatik einhergehen ergebnislos bleiben, kann als    mögliche Diagnose das Equine Fibromyalgie Syndrom ins Auge gefasst werden.

 

EFMS ist noch nicht heilbar aber es gibt bereits gute Behandlungskonzepte, sodass die schmerzhaften Symptome in Schach gehalten werden können. Bei der Therapie sollte der Fokus in erster Linie auf der Entsäuerung des Körpers liegen, parallel dazu ist eine Behandlung der Muskulatur unerlässlich. Durch Massagen wird der Stoffwechsel angeregt, Abfallprodukte werden aus der Muskulatur abtransportiert und Nährstoffe und Sauerstoff können schneller dorthin transportiert werden wo sie zur Versorgung gebraucht werden. Mit Hilfe von therapiebegleitenden Akupunktursitzungen kann zusätzlich an der Ausschaltung von Schmerzen, der Entkrampfung der Muskulatur und der Anregung des Stoffwechsels gearbeitet werden. Positiver Nebeneffekt von Massagen und Akupunktur, ist die Ausschüttung von Endorphinen, diese körpereigenen Wirkstoffe funktionieren ähnlich morphinartiger Schmerzmittel. Sobald die Pferde in einem einigermaßen schmerzfreien Zustand sind, sollte mit einer Bewegungstherapie im Schritt begonnen werden. Zu Beginn werden vielleicht nur kurze Spaziergänge möglich sein, diese sollten je nach Befinden langsam aber stetig gesteigert werden. Durch die Bewegung werden die Vorgänge im Muskelstoffwechsel unterstützt, sodass die Muskulatur sich durch die bessere Versorgung regenerieren kann. Außerdem bringt ein Spaziergang Pferd und Mensch an die frische Luft, lässt den Kopf frei werden und die Bindung wachsen.

 

Die Therapie eines an EFMS erkrankten Pferdes ist anspruchsvoll und dauert ein Leben lang. Es geht immer darum keine erneute Übersäuerung entstehen zu lassen. Aus diesem Grund ist es so wichtig, sowohl die Ernährung, als auch das Lebensumfeld der Pferde bestmöglich zu optimieren.

 

Dieser Artikel entstand in enger Zusammenarbeit mit Kerstin Brill (THP Schwerpunkt Ernährungsberatung und Alternative Erregertherapie) und Monika Michalek (TCVM in Ausbildung).

 

Bei Fragen stehen wir selbstverständlich sehr gerne zur Verfügung!

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